
Ostern: Alles ist möglich
Gelitten (unter Pontius Pilatus), gekreuzigt, gestorben, begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten. So die fast atemlose Zusammenfassung dieser Tage zwischen Gründonnerstag und Ostersonntag, wie sie in unserem apostolischen Glaubensbekenntnis formuliert sind.
Sechs Verben, die den Bogen spannen über die zentralen Momente, den Ursprung und den Urgrund christlichen Glaubens. Von diesen Momenten und Ereignissen leitet sich für uns Christinnen und Christen die Legitimation ab, im Menschen Jesus, seinen Worten und seinen Taten Gott selber erkennen zu können.
Von der Auferstehung an Ostern bestätigt sich nach unserem Glauben, dass Jesus nicht nur ein besonders weiser Lehrer und wirkmächtiger Heiler war, sondern der Christus, auf den wir vertrauen dürfen über seine und über unsere zeitliche Existenz hinaus. Von Ostern her lässt sich sein Tod verstehen als Gottes Inbesitznahme des vorher „gottlos“ geglaubten Reich des Todes. Von Ostern her lässt sich sein Leiden verstehen als Gottes grenzenlose Solidarität mit dem Klagen aller Kreatur, von Ostern her lassen sich Jesu Worte und Bilder begreifen als Vorschau und Vergegenwärtigung des Reiches, das Gott den Menschen zugedacht hat und unter dessen Verheißung diese Welt lebt. Von Ostern her lässt sich begreifen und glauben, dass in Christus eine Brücke geschlagen ist zwischen Zeit und Ewigkeit, zwischen dem, was real ist und jenem „Ganz anderen“ – also der Kraft Gottes, die allmächtig und frei ist, „alles neu zu machen“; für die alle Gesetze und Regeln dieser Welt keine Macht und Bedeutung mehr haben (und zwar sowohl die natürlichen wie die menschengemachten.)
Von Ostern her lässt sich glauben, dass alles möglich ist.
Ja, wirklich alles. Sogar dass ich – obwohl ich nur einer von acht Milliarden bin, obwohl ich in meinem Leben vielleicht gar nichts besonderes bewirke oder obwohl das, was ich bewirke, womöglich sogar mehr Schaden angerichtet hat als dass es nützlich war, ja, dass sogar ich kleiner Krümel im großen Weltall mit meinem bisschen Leben, mit meinen Ängsten, meinen Sorgen, meinen Hoffnungen, meiner Freude, meinem Leid, meinem Suchen und meinem Bemühen gesehen und bewahrt bin in Gottes unendlicher Liebe und Teil haben darf an seinem Reich. Dass also all das, was geschehen ist damals in diesen wenigen Tagen und unter diesen sechs Verben, tatsächlich etwas mit mir zu tun hat. Dass dieser Gott in Christus auch für mich durch die Hölle gegangen ist und dass auch ich auf seine Gnade vertrauen und hoffen darf. Im Leben, im Sterben, im Tod. Und über den Tod hinaus. Denn, ja: „Er ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden“.
Halleluja.
Pfarrer Hanno Wille-Boysen
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