Am ersten Sonntag im Juni feiern wir das Pfingstfest. Es gehört zu den ältesten Festen der Christenheit. 50 Tage nach Ostern verleiht der Heilige Geist denen, die an Jesus Christus glauben, eine neue Perspektive.

            Die Menschen, die vor 2000 Jahren mit Jesus von Nazareth verbunden waren, erlebten am Karfreitag die Katastrophe seiner Kreuzigung. Was mit Jesus begonnen hatte, schien damit plötzlich abgebrochen zu sein. Große Hoffnung stürzte in tiefe Verzweiflung. Aber am dritten Tag danach begegnete Jesus Christus seinen Jüngerinnen und Jüngern auf neue Weise – er war auferstanden.

            Das schaffte neue Hoffnung. Doch die sinnlich wahrnehmbare Gegenwart des Auferstandenen war nicht auf Dauer. Der Auferstandene verabschiedete sich. Zwar versprach er: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“ (Matthäus 28,20b), aber nun nicht mehr in derselben Weise wie in der Zeit direkt nach Ostern. Wie kann es nun weitergehen?

            Die Jüngerinnen und Jünger – aber auch viele andere Menschen – erfuhren die Antwort auf diese Frage an Pfingsten. Der Heilige Geist ergriff sie und zeigte ihnen, wie in Zukunft ein Leben in der Gegenwart von Jesus Christus gestaltet werden kann. Der Glaube ist der entscheidende Bezugspunkt dabei. Christus selbst schafft durch den Heiligen Geist diesen Glauben und begleitet diejenigen, die ihn annehmen.

            In diesem Sinne ist Pfingsten der Geburtstag der Kirche. Menschen finden durch den Heiligen Geist im Glauben an Jesus Christus zusammen und gestalten ihr Leben auf dieser Grundlage miteinander. Das, was an Pfingsten geschehen ist, ist somit viel mehr als ein momentanes Ereignis. Es führt uns Christinnen und Christen durch unser Leben.

            Und dabei lohnt es sich, auch auf ganz konkrete Wirkungen des Heiligen Geistes zu schauen, die im 2. Kapitel der Apostelgeschichte im Rahmen des Pfingstereignisses beschrieben werden. Der Heilige Geist kann Vieles bewirken. Eine Wirkung an Pfingsten bestand darin, dass Menschen, die aus den verschiedensten Teilen der damaligen Welt nach Jerusalem gekommen waren, die Verkündigung der Jünger verstanden, obwohl in einer anderen Sprache als in ihrer eigenen geredet wurde.

            Dies ist ein wichtiger Impuls für alle Christinnen und Christen, in besonderer Weise aber für unsere Evangelisch-Lutherische Kirche in Italien. Wir leben in Italien, aber die Muttersprache vieler unserer Mitglieder ist Deutsch. Nicht allen gelingt es, die italienische Sprache perfekt zu lernen. Umgekehrt ist es aber für das Zusammenleben auch nicht sinnvoll, auf dem Gebrauch der deutschen Muttersprache in Italien zu bestehen. Praktisch hat dies zur Zweisprachigkeit in unserer Kirche geführt, die in den verschiedenen Gemeinden auf unterschiedliche Weise umgesetzt wird und generell eine gute Grundlage bildet. Wir sollten aber bei den Schwierigkeiten, die dabei gelegentlich auftreten, nie vergessen, dass der entscheidende Bezugspunkt nicht die Sprache, sondern der Glaube an Jesus Christus ist. Und das ist umso wichtiger, als ja auch Menschen mit noch ganz anderen Sprachen zu uns finden könnten. Mit verschiedenen Sprachen gut umzugehen ist wichtig. Doch auch wenn wir unterschiedliche Sprachen sprechen, so sind wir im Glauben fest miteinander verbunden.

            Möge der Heilige Geist uns und allen dabei behilflich sein, mit dieser Einsicht miteinander zu leben!

 

Pfr. Heiner Bludau, Turin

 

 

 

 

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