
Die Straße durch den Wald
Die Ausstellung „Italien in Bewegung. Autobahnen und Zukunft“ im MAXXI befasst sich mit den Auswirkungen der italienischen Autobahnen und beleuchtet ihre Rolle bei der Entwicklung und ihre Folgen für die Umwelt.
Die Straße
Erinnern Sie sich an den Satz unter dem Foto eines Elchs, der mitten im Wald (vielleicht in Skandinavien) eine Straße überquert? Unter dem Foto stand: Es ist nicht der Elch, der über die Straße geht, sondern die Straße, die durch den Wald geht. – Man könnte an dieser Stelle auch innehalten und sich von dem Bild anregen lassen, sich über Straßen und Mobilität Gedanken zu machen.
Doch in der Ausstellung, die noch bis zum 9. März im MAXXI in Rom zu sehen ist, geht es um mehr als die monotone Normalität des Asphaltbandes; sie trägt den Titel: „Italien in Bewegung. Autobahnen und Zukunft“.
Ich zitiere einige Passagen aus den Texten auf der Website des Museums: „Die Ausstellung wurde anlässlich des hundertsten Jahrestages der Eröffnung des ersten Autobahnabschnitts in Italien, der Autostrada dei Laghi, die 1924 eingeweiht wurde, organisiert. Heute […] nutzen täglich 4,7 Millionen Menschen das Netz von Autostrade per l’Italia und legen pro Jahr über 50,4 Milliarden Kilometer zurück.“
Von den verschiedenen Bereichen, in die die Ausstellung unterteilt ist, will ich auf zwei näher eingehen: „Reise“ und „Landschaft“. (Zitat) „Genau wie die römischen und später die mittelalterlichen Straßen bringt die Autobahn Architektur, Städte und Landschaften hervor (die wir sonst nicht wahrnehmen könnten). Die Möglichkeiten für diese „Gründungsprozesse“ sind vielfältig. […] Am äußeren Rand der Autobahn reihen sich Designer-Architekturen aneinander, um bewundert zu werden (oder um für die Unternehmen zu werben, die sie repräsentieren) […], doch sie sind nichts anderes als die Vorposten einer rasanten Urbanisierung, die die Autobahn als Marktstraße und die Mautstellen als Gravitationszentren „auf Rädern“ nutzt, wodurch eine neue Art von Wettbewerb zwischen Zentren und Peripherien entsteht.“
„Die Autobahn hat starke, manchmal regelrecht grausame Auswirkungen auf die Landschaft. Diese Nachricht ist nicht neu. Aber seit einiger Zeit verfügen wir über ausreichende Mittel und Kenntnisse, um ihre Auswirkungen und Konsequenzen zu verstehen.“
Eben. Ich denke, die Ausstellung kann bei den Besuchern (meist Autobahnbenutzer) ein größeres Bewusstsein dafür schaffen, wie (Zitat) „die Autobahn in der Bauphase die Entwicklung des Landes vorwegnahm und die Utopien der Moderne beflügelte: Schnelligkeit, uneingeschränkte Erreichbarkeit, hindernisfreie Verbindung, Entdeckung abgelegener und faszinierender Szenarien.“
Und in der Folge „verflechtet sich die Infrastruktur, wenn sie einmal aufgebaut ist, rasch mit der wirtschaftlichen und sozialen Dynamik: Sie erweitert den produktiven Aktionsradius der Familien, erlaubt ihnen den Luxus, „Urlaub“ zu machen, mildert die schmerzhaften Auswirkungen der Auswanderung und bietet allen mehr Bewegungsfreiheit“. (www.maxxi.art/events/italia-in-movimento/)
Ein größeres Bewusstsein für den schöpferischen, konstruktiven menschlichen Genius, der dieses Band aus Asphalt in all seinen Aspekten möglich gemacht hat; aber dessen Vor- und Nachteile wir nach 100 Jahren nun besser kennen. In Zweifelsfällen (und das sind recht viele) bleiben wir auf der Seite der Schöpfung, des komplexen und empfindlichen Systems der Natur. Und auf der Seite der Elche und/oder der vielen anderen Tiere, die unsere Straßen überqueren und dort nur allzu oft den Tod finden.
Jutta Mott (Sizilien)