Rom, 25. März 2023 – In den vergangen Tagen ist in Oxford die Vorversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) zu Ende gegangen.
Der 1947 gegründete Lutherische Weltbund ist eine weltweite Gemeinschaft von Kirchen in lutherischer Tradition, die gemeinsam für eine gerechte, friedliche und versöhnte Welt leben und arbeiten. Der LWB hat 149 Mitgliedskirchen und vertritt über 77 Millionen Menschen in sieben geographischen Regionen in über 99 Ländern der Erde. Er wird von einem Rat geleitet, der aus 48 Mitgliedern besteht, die von einer Vollversammlung gewählt werden und die Mitgliedskirchen vertreten. Sein Aufgabenfeld erstreckt sich über mehrere Arbeitsbereiche. Im Mittelpunkt des lutherischen Engagements steht der Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden, Versöhnung und die Würde aller Menschen und aller Gemeinwesen.
Anne Burghardt, Generalsekretärin des LWB
Die Vorversammlung fand in diesen Tagen im Mansfield College in Oxford statt und wurde von Delegierten aus ganz Europa besucht. Ein wichtiger Termin, um die Prioritäten des Engagements des Weltbundes zu benennen. Aber auch, um über das Thema der Dreizehnten Vollversammlung im kommenden September in Krakau nachzudenken: „Ein Leib, ein Geist, eine Hoffnung.“
Ein Termin, der nicht nur wichtig, sondern entscheidend ist, wenn es um die aktuellen Herausforderungen geht, und an der der Dekan der ELKI Carsten Gerdes teilnehmen wird.
In ihrer Botschaft an die Delegierten erinnerte die Generalsekretärin des LWB Anne Burghardt an die „vier Gründungspfeiler“ des Weltbundes. Eine weltweite Gemeinschaft von Kirchen, die sich nach Kriegsende zusammengefunden haben, um gemeinsame Anstrengungen in den Bereichen Theologie, Mission, christliche Einheit und Flüchtlingshilfe zu fördern.
Angesichts der Flüchtlingskrise, der Gewalt des Krieges und der durch Konflikte hervorgerufenen Gegensätze sollten wir „ nie unterschätzen, wie wichtig es ist, zusammenzukommen“, betonte Burghardt.
Das Beispiel des Zweiten Weltkriegs, als alles zerstört und die Entfernungen unüberbrückbar schienen, beweist uns fünfundsiebzig Jahre später, dass es keine unüberwindbaren Distanzen gibt. Und dass das Streben nach Einheit keineswegs Assimilation bedeutet.
Für die Generalsekretärin erfüllt der Lutherische Weltbund eine „ganzheitliche Mission und ihre verschiedenen Aspekte von Verkündigung, Gottesdienst, öffentlichem Zeugnis und Diakonie“. Es liege an den Delegierten, neue Wege zu finden, um ein „Gleichgewicht“ in der gemeinsamen Mission zu gewährleisten, fügte sie hinzu. Um „die echten Fragen und Anliegen der Menschen in ihren Kirchen heute zu hören und zu verstehen“.
Im Zusammenhang mit der Vielfalt zwischen den 149 Kirchen in der Gemeinschaft verwies Burghardt auf das Verhältnis zwischen deren regionaler Autonomie und der Notwendigkeit einer gegenseitigen Rechenschaftspflicht.
In dieser Hinsicht fungiere der LWB als eine Art „Super-Verbindungsglied zwischen den Mitgliedskirchen“. So wird der Prozess der Entwicklung des „Rahmens für die gegenseitige Rechenschaftspflicht“ gerade in der Konfrontation, die die Versammlungen ermöglichen, gefestigt.
Ein Bild der gegenseitigen Rechenschaftspflicht, das sowohl gemeinsame Sorgen angesichts der Klimakrise, den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und sinkenden Mitgliederzahlen in den Kirchen zum Ausdruck bringt, aber auch unterschiedliche Sichtweisen in Bezug auf Geschlechtergerechtigkeit, Sexualität und die Instrumentalisierung der Religion durch die Politik aufzeigt.
Der Krieg in der Ukraine ist eine Wunde, die die Mitgliedskirchen des Bundes schmerzt. Eine Wunde, die jedoch auch die Reaktionsfähigkeit dieser Kirchen unterstreicht, die in der Lage sind, sich zu organisieren, vor allem bei der Aufnahme von Flüchtlingen.
Für den estnischen Erzbischof Urmas Viilma, Vizepräsident des LWB für die Region Mittel- und Osteuropa, hat das Thema Klimagerechtigkeit bereits seit der letzten Vollversammlung 2017 in Windhoek (Namibia) höchste Priorität für alle LWB-Mitgliedskirchen.
Gleichzeitig, so Viilma weiter, führten Meinungsverschiedenheiten über Identität und Gender in seiner Region zu neuen Spannungen,
Der Rückgang der Mitgliederzahlen in den Kirchen der Region werfe Fragen über die Rolle und den Auftrag von Christinnen und Christen in einer mehr und mehr säkularen Gesellschaft auf.
In der Debatte wurde die Pandemie immer wieder als „Wendepunkt“ für die Kirchen bezeichnet, insbesondere im Hinblick auf ihre seelsorgerische Arbeit mit Menschen, die unter Angstzuständen und psychischen Problemen leiden. Mit der „Metamorphose“, die Gottesdienst und Amt in der Online-Dimension durchlaufen haben: sicherlich neue Möglichkeiten, aber auch eine starke digitale Kluft, die neue Formen von Distanz und Diskriminierung schafft.
Auch wenn die Fortschritte, die Frauen in ordinierten Ämtern in Ländern wie Polen und dem Heiligen Land gemacht haben, unbestreitbar sind, bedaure man die Entscheidung, Frauen nicht mehr zu ordinieren, wie zum Beispiel in der lettischen Kirche.
Burghardt forderte die europäischen Kirchenleitenden auf, im Hinblick auf die Dreizehnte Vollversammlung in und mit ihren Gemeinden weiter nachzudenken.
Nach einem Überblick über die Entwicklungen in verschiedensten Bereichen, wie etwa der Förderung von Jugendlichen, der Schulung von Leitenden, der Stärkung der LWB-Advocacy-Arbeit und der ökumenischen Zusammenarbeit, schloss sie mit folgenden Worten:
„Hoffnung ist die Erfahrung des Geistes Gottes, der uns dazu bewegt, die Kluft zu überbrücken zwischen dem von Gott verheißenen allumfassenden Frieden und der Gerechtigkeit und der Wirklichkeit in der Welt.“
Titelfoto: Delegierte bei der Vorversammlung in Oxford. © LWB/Albin Hillert