Rechtfertigungslehre
Bei der Rechtfertigungslehre handelt es sich um ein Kernstück der protestantischen Theologie. Sie basiert auf theologischen Aussagen des Neuen Testaments, deren Entdeckung Martin Luther zur reformatorischen Erkenntnis verholfen hat.
Die Lehre besagt, dass der Mensch nicht durch eigene Anstrengungen gerecht werden kann, sondern allein durch das gnädige Heilswirken Jesu Christi (solus Christus) und vermittels des Glaubens (sola fide, sola gratia).
Wer sich im Glauben an Jesus Christus Gottes Gnade schenken lässt, den beurteilt Gott nicht nach dem, was er tut oder unterlässt, sondern nach dem, was Jesus getan hat (Röm 3,21-28). Er hat dadurch Anteil am ewigen Leben, wie es in den überlieferten Jesu Worten heißt: “Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern ist vom Tode zum ewigen Leben hindurchgedrungen” (Joh 5,24).
Die Rechtfertigungslehre besagt in ihrer Konsequenz, dass wir den Sinn unseres Lebens nicht selbst herstellen, sondern nur dankbar empfangen können – von Gott.
Sie lädt uns ein, mit den Augen Gottes zu sehen. Wir sind mehr als die Summe unserer Taten – und unserer Untaten. Unsere Würde ist uns von Gott gegeben. Sie muss nicht erst hergestellt oder verdient werden.
Erlöst vom Zwang, uns selbst von Vorwürfen rein zu waschen, können wir uns aus der Freiheit des Glaubens heraus anderen Menschen zuwenden. Glaube und Handeln gehören untrennbar zusammen.
Lange Zeit als Alleinstellungsmerkmal des Protestantismus verstanden, wird die Rechtfertigungslehre längst auch von der katholischen Kirche bestätigt. Im Jahre 1999 haben der Lutherische Weltbund und die Römisch-Katholische Kirche hierzu eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet.
(Foto: Joachim Schäfer)