„Jeder soll nach seiner Façon selig werden!“ Mit diesem Satz hat Friedrich der Große unsere Haltung zur Religion geprägt. Woran man glaubt, muss jeder mit sich selbst ausmachen. Die Kehrseite der Medaille ist: Jeder ist mit seinen Fragen und Zweifeln, mit seinen Hoffnungen und Sehnsüchten allein und ist mit der Suche nach dem Sinn seines Daseins auf sich geworfen. Christlicher Glaube ist aber nicht nur was für’ s stille Kämmerlein. In 1. Petrus 3,15 (Monatsspruch für April 2024) heißt es:
„Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt.“
Damit tun wir uns schwer. Es gilt als unschicklich, über Glauben zu reden. Man will niemandem zu nahetreten oder anderer Leute religiöse Gefühle verletzen. In anderen Bereichen haben wir das Problem merkwürdiger Weise nicht. Ich kenne beispielsweise keinen Bayern-München-Fan, der sich einen Pullover über sein Fantrikot zieht, um die Gefühle der gegnerischen Fans nicht zu verletzen. Ich kenne auch keinen Daimler-Fahrer, der den Stern von seiner Motorhaube abmacht, um die Gefühle der anderen Verkehrsteilnehmer nicht zu verletzen. Wenn wir einen guten Arzt haben, empfehlen wir ihn weiter. Wenn wir ein neues Medikament entdeckt haben, sagen wir: „Probier das mal, das hat mir geholfen!“ Nur wenn es um Jesus geht, kriegen wir die Zähne nicht auseinander.
Diese Form der Leisetreterei hilft niemandem. Durch unser Schweigen bleiben wir anderen Trost und Ermutigung schuldig. Warum enthalten wir ihnen vor, was uns trägt und hilft?
Das ist – kurz und knapp zusammengefasst – der Inhalt unseres Glaubens:
- Du bist ein wunderbares Wesen. Du verdankst Dein Dasein nicht bloß einem (hoffentlich) netten Moment im Leben Deiner Eltern, sondern es gibt Dich, weil Gott das so gewollt hat. Du bist Sein geliebtes Geschöpf. Von Ihm her hast Du Deine Daseinsberechtigung und Deine Würde, die Dir niemand absprechen kann.
- Du bist unbedingt geliebt. Unabhängig von dem, was Du zu geben im Stande bist, hat Gott alles gegeben für Dich – in Jesus, in dem Er unser Leben und unseren Tod geteilt hat. Es gibt keine Situation, in der Er nicht bei Dir wäre, und nichts, was Dich von Ihm und Seiner Liebe trennen könnte. Weil Er den Tod besiegt hat, hast Du Zukunft – mehr, als Du Dir vorstellen kannst…
- Du bist um Gottes willen ein freier Mensch. Gott will mit Seinem Heiligen Geist in Dir wohnen, damit Du im Kontakt mit Ihm die Verantwortung für Dein Leben übernehmen kannst. Nichts und niemand hat das Recht Dich zu beherrschen. Niemand hat das Recht, von Dir zu verlangen, dass Du ein anderer sein sollst, als Du bist. Niemand hat das Recht, an Dir herumzubiegen oder Deine Grenzen zu missachten. Du bist ein freies Kind Gottes!
Dafür braucht man sich nicht zu schämen. Und es wäre Schade, wenn das Privatsache bliebe.
Ihr
Timm Harder, Pfarrer der Evangelischen Gemeinde Meran
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