Es war abends in Genua, im Gemeindehaus der Chiesa dell’Annunziata.
Wir waren mit der Pfarrkonferenz zu Gast und nach der Abendandacht der Gemeinschaft Sant’Egidio saßen wir zusammen und aßen miteinander. So wie an anderen Tagen an denselben Tischen die miteinander dort essen, denen es am Nötigsten fehlt. Sant‘ Egidio, in den 60er Jahren in Rom gegründet, ist bekannt dafür, dass sie sich, neben der Friedensarbeit, den Ärmsten zuwenden: im eigenen Land und in vielen anderen Ländern dieser Welt. Und so erzählte der Mitarbeiter an unserem Tisch auch von den Aktivitäten. Von dem großen Weihnachtsessen mit den Obdachlosen und Armen dieser Stadt. Von dem Besuch einer Krankenstation in Malawi. Von seinem Engagement in einer Einrichtung für Menschen mit einem handycap. Und nachdem wir einige Zeit zugehört und nachgefragt haben, richtete der freundliche Herr sich an uns: „Und ihr, was macht ihr in euren Gemeinden?“ Und meinte damit unser diakonisches Engagement.
Ich merkte, wie es in meinem Kopf rotierte: haben wir auch entsprechend etwas „vorzuweisen“? Können wir mithalten mit eigenen „guten Werken“? Wo zeigt sich unser Glaube in Taten, wo kommen die Früchte unseres Glaubens anderen Menschen zugute? Auch wir haben dann erzählt, von der Unterstützung für Geflüchtete und Frühstücksangeboten, von Kleiderkammern und der Partnerschaft mit einer Gemeinde in Tansania.
Aber wollen wir denn wirklich in einen Wettbewerb der guten Werke eintreten? Als lutherische Christen sind wir da skeptisch, schließlich haben wir gerade wieder am Reformationstag daran erinnert, dass wir allein aus Glauben, nicht aus unseren Werken vor Gott gerecht werden. Und doch: dem Glauben und dieser Welt tut es gut, wenn wir uns gegenseitig anreizen zu guten Werken, so nennt der Schreiber des Hebräerbriefs diesen ganz eigenen Wettbewerb. Nein, nicht um vor Gott besser dazustehen. Aber damit diese Welt besser dasteht. Schließlich erleben wir zurzeit das bittere Gegenteil: einen Wettbewerb der bösen Taten, eine Eskalation von Gewalt in den Kriegen dieser Welt und oft auch im Alltag eine wachsende Aggressivität. Aber lass du dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde es mit Gutem, so rät der Apostel Paulus. Warum sollen wir nicht einen Wettbewerb der guten Taten starten und dabei ruhig ein wenig Konkurrenz aufkommen lassen, denn die belebt schließlich auch jedes gute Geschäft! Zeigen wir einander die Früchte unseres Glaubens.
Wir treffen uns im November zum Netzwerk der Diakonie der ELKI in Florenz. Ich bin gespannt, was wir erzählen können, wenn wir einander fragen: „Und was macht Ihr so?“ Lasst uns einander anspornen zu guten Werken, es ist ein Wettbewerb, der uns und dieser Welt guttut!
Pfarrerin Susanne Krage-Dautel, Florenz