Liebe Leser und Leserinnen!
„Wir fahren nach Wien“, erzählte ich meiner Freundin. „Dort ist eine der Festveranstaltungen zum 50. Jahrestag der Leuenberger Konkordie. Das ist die Vereinbarung, dass die lutherischen, unierten und reformierten Kirchen sich gegenseitig anerkennen und Abendmahlsgemeinschaft haben können.“
„Wie, das gibt es erst seit 50 Jahren??“ fragte meine Freundin zurück. „Das ist ja erst seit einer sehr kurzen Zeit. Dabei erschienen mir die Unterschiede nie sehr groß.“
„Das ist mit unserem heutigen Blick auch richtig. Und doch waren sie immer noch zu groß, um Kirchengemeinschaft miteinander haben zu können.“ „Was brachte denn die Verhandlungen nach so viele Jahrhunderten in Gang?“ „Letztlich war es die gemeinsame Erfahrung des 2. Weltkrieges. Also die Erfahrung, dass man als evangelische Christen gegen einen Diktator, der Krieg und furchtbares Leid über ganz Europa gebracht hat, gemeinsam vorgehen muss und kann. Man merkte, dass verschiedene Standpunkte zu diesen Fragen trennender sind, als die theologischen. Oder besser gesagt, dass man mit den leichter umgehen könne. Interessant finde ich dabei, dass man nicht mehr versucht hat, die verschiedenen Lehrverurteilungen des 16. Jahrhunderts alle auszuräumen, um danach mit einer Kirchengemeinschaft anzufangen. Sondern man hat es geschafft, diese ruhen zu lassen und zu sehen, dass die inhaltlichen Übereinstimmungen im Verständnis des Evangelium viel höher sind als die Gegensätze. Man strebte ein gemeinsames Zeugnis in Tat und Wort für und in der Welt an! Das finde ich wirklich nachahmenswert!“
„Da hast du sehr Recht! Das finde ich, ist eine hilfreiche Gedankenbrücke zu unseren heutigen, so scharfen Diskussionen. Wenn wir bei den vielen Diskussionen über richtiges Klima-Verhalten, die Genderfrage oder Migration, die es ja auch in unseren Gemeinden und zwischen den Kirchen gibt, anfangen würden, auf das zu schauen, was wir gemeinsam vertreten können und nicht die Unterschiede der Positionen in den Mittelpunkt stellen würden, dann wäre schon viel für eine fruchtbare Diskussion gewonnen. Vor allem könnten wir so leichter im Blick zu haben, dass wir als Christen in der Welt ein verständliches gemeinsames Zeugnis abgeben sollten. So lautet unser Auftrag. Auch die Christen der ersten Stunde mussten sich mit vielen Streitfragen herumschlagen und haben es doch geschafft, zB beim Apostelkonzil über die Frage der Beschneidung einen Kompromiss zu erreichen (Acta 15).“
„Super! Das wird ab jetzt mein Leitspruch: Ein gemeinsames christliches Zeugnis in Wort und Tat. – Und: Wien ist eine tolle Stadt!“
Pastorin Magdalena Tiebel-Gerdes, Gemeinde Ispra Varese