Das Wasser des Lebens
Wer von uns hat noch nie dem Plätschern des Wassers an einem klaren Bach gelauscht? Besonders in dieser Jahreszeit, wenn ich mit meinem Hund im Triester Karst wandere, habe ich mich oft in der Nähe von Wasser wiedergefunden. Das Wasser fließt leise wie ein Bach oder rauscht über Felsen wie ein Gebirgsbach. Konstant und doch immer wieder anders. Der Anfang des Baches ist die Quelle. Das Ziel des Baches ist die Einmündung in den Fluss. Auf diese Weise wird das Wasser auch zum Bild unseres Lebens. Ja, Wasser ist Leben. Ohne Wasser wächst draußen nichts, weder auf den Feldern noch in den Gärten. Ohne Wasser würden wir verdursten. Aber Wasser bedroht und zerstört auch: Es gibt immer wieder schwere Überschwemmungen in unserem Land, wie vor einigen Monaten in einigen Regionen Italiens und kürzlich in Brasilien und anderen Teilen der Welt. Aber Wasser reinigt auch, es wäscht uns und die ganze Erde von Schmutz. Und Wasser heilt: In einem Wellness-Center zum Beispiel gibt es besonders gutes Wasser aus speziellen Quellen. Es gibt verschiedene Bäder für die Beine und für den ganzen Körper. Das Wasser trägt auch Früchte. Ein Weizenkorn in der Erde wächst nicht von selbst. Wenn es regnet, wächst es zu einer Ähre und trägt Früchte. Die Schöpfungsgeschichte erzählt uns, dass das Wasser vor dem Licht da war. Wasser ist überall. Wasser ist wichtig. Christus sagt: “Wer an mich glaubt, den wird nie mehr dürsten”. (Johannes 6,35) Sein Wort ist lebendiges Wasser und erfrischt wie Wasser an einem heißen Tag.
Wasser spielt auch am Anfang des menschlichen Lebens eine wichtige Rolle. Die Taufe wird mit Wasser vollzogen. Ein Zeichen dafür, dass Gott immer wieder mit seinem Wort erfrischt. Ein Zeichen dafür, dass die Sünde im Wasser tot ist. Wir sind neue Menschen. Vom Moment der Taufe an gehört ein Mensch zu Gott. Ich gehöre von meiner Taufe an zu Gott. Du gehörst zu Gott ab dem Moment deiner Taufe. Auch Jesus wurde getauft. Wir sind jetzt mit ihm verbunden. Die Schuld muss nicht mehr auf uns lasten. Unsere Sünden sind vergeben. Im Johannes-Evangelium gibt es eine schöne Geschichte:
Jesus hält einmal auf seinem Weg an einem Brunnen an. Dort kommt er mit einer Frau ins Gespräch, die Wasser aus dem Brunnen schöpfen will. Die Frau ist ein Leben lang auf der Suche nach dem Glück. Sie sucht nach lebendigem Wasser, nach dem Sinn des Lebens. Wie jeden Abend holt sie ihren Eimer Wasser mit einer langen Kette aus dem Brunnen. Sie schüttet das Wasser in ihren Krug. Und nun ist es Jesus selbst, der sie um Wasser bittet. Am Abend eines langen Tages ist auch er erschöpft und durstig von der langen Reise. Er erzählt ihr von dem lebendigen Wasser. Die Frau ist überrascht, denn der unbekannte Mann hat nichts, womit er Wasser schöpfen könnte. “Ich habe lebendiges Wasser! Wer davon trinkt, wird nie mehr Durst haben”, sagt Jesus. “Ja!”, antwortet sie, “ich möchte, dass du mir das Wasser gibst, das mein Leben für immer stillt.” Die Begegnung mit Jesus am Brunnen wird zu einem neuen Anfang in ihrem Leben. Am Ende erkennt sie in dem Fremden den Messias, der das Wasser des Lebens geben kann. Sie lernt: Wer an ihn glaubt, wird nie mehr Durst haben.
Pfarrer Andrei Popescu, Triest