Rom, 23. April 2024 – Der unbestrittene ökumenische Impuls des derzeitigen römisch-katholischen Papstes Franziskus, dessen fortschrittlicher Impetus allgemein anerkannt wird, sollte uns niemals den Bezugskontext aus den Augen verlieren lassen: die römisch-katholische Apostolische Kirche.
Die Organisation der (römisch-katholischen) Kirche ist strukturell hierarchisch aufgebaut, sowohl was die Führungspersönlichkeiten als auch was die Disziplinen betrifft, die ihre Funktionsweise regeln.
Was vielen im Dickicht der Gesetzbücher, des kanonischen Rechts und der „ex cathedra“-Entscheidungen einfach erscheinen mag, wird kompliziert, weil es neben der konkreten Frage auch theologische, historische und strukturelle Überlegungen ins Spiel bringt.
Fragen des Diakonats
Der Diakon ist in der (katholischen) Kirche ein Geistlicher, der die erste Stufe des Weihesakramentes empfangen hat“.
In der Geschichte des Christentums übernahm der διάκονος – diákonos, d. h. Diener, Verwaltungs-, Betreuungs- und Fürsorgeaufgaben und war in der Regel dem Bischof hierarchisch unterstellt.
In der Gesellschaft wird der Begriff „Diener“ damit assoziiert, dass man in der Praxis den Entscheidungen und Bewertungen anderer unterworfen ist.
In einem von Norah O’Donnell, der Leiterin der CBS Evening News, in der Sendung „60 Minutes“ geführten Interview stellte Bergoglio klar:„Frauen haben immer, würde ich sagen, Aufgaben einer Diakonin übernommen, ohne Diakon zu sein? Frauen sind großartig im Dienst als Frauen, aber nicht im Dienst mit Weihe“.
Diese Erklärung löste erneut eine Debatte über die Rolle der Frau in der (römisch-katholischen) Kirche aus.
Apropos Frauen
Der derzeitige Papst bestätigt, dass Frauen in der Kirche wichtig sind. Es kristallisiert jedoch ihre Existenz in einem anderen Wort, nämlich Dienst heraus, und verweigert ihnen den Zugang zum sakramentalen Amt, die Anerkennung einer Gleichberechtigung als geweihte Diakonin.
Diese Aussagen des Papstes sind weder ein Geheimnis noch eine Neuheit. Zumindest nicht in lutherischen oder protestantischen Kreisen. Die Tatsache, dass sie überraschende Reaktionen hervorrufen oder die Debatte neu entfachen, unterstreicht jedoch mindestens zwei Aspekte.
Erstens: die Erwartung. Sowohl seitens der Frauen (was logisch ist) als auch von einem Teil der Männerwelt. Eine Erwartung, die darauf abzielt, dass Frauen als Teil der römischen Kirchenorganisation anerkannt werden.
Und als zweiten Aspekt die Verteidigung des männlichen Primats gegenüber den Frauen. Was sich in einer Diversifizierung der Funktionen (und Dienste) zeigt, die ebenfalls hierarchisch strukturiert ist.
Eine existenzielle Frage
Marinella Perroni, eine römisch-katholische Theologin, schrieb erst kürzlich: „Dass die Frauen in den frühen christlichen Kirchen erst nach und nach, wenn auch rasch, von einer Ressource zu einem Thema wurden, dürfte mittlerweile keinem Exegeten oder Theologen entgangen sein. Folglich gehört das Thema möglicher Beziehungen zwischen Frauen und Kirche zur Geschichte der kirchlichen Gemeinschaften und sollte immer als solches behandelt werden“.
Und genau darum geht es: um die Beziehung zwischen Frauen und Kirche, die für die römische Kurie nach wie vor eine Art Tabu darstellt.
Für die römisch-katholische Bibelwissenschaftlerin „können selbst die aufrichtigsten Glaubensbekenntnisse oder die edelsten Traditionen der Antike zu Riegeln werden, die man aufbrechen muss, wenn es um Leben und Tod geht. Nicht nur bei einer Tochter, auch in einer Mutter-Kirche“. Anders ausgedrückt – für Perroni steht die Existenz der römisch-katholischen Kirche auf dem Spiel.
Ein lutherisches Thema
Aus ökumenischer Sicht erhält die Diskussion vielleicht noch weitere Konnotationen. Einerseits hat die bisherige Arbeit in den Beziehungen zwischen den christlichen Kirchen dazu beigetragen, nicht nur theologische Fragen wieder in den Mittelpunkt zu rücken, sondern auch die Frage, wie diese sich tatsächlich in einer Erneuerung der Kirchen niederschlagen.
In der lutherischen Tradition mit der Ordination von Pfarrerinnen, heute auch Bischöfinnen, genießt die weibliche Präsenz eine Gleichberechtigung, die gerade im ökumenischen Dialog eine scharfe Konfrontation erfordert.
Andererseits scheint diese operative Konfrontation, die sich in lokalen ökumenischen Aktivitäten bis hin zu dem jüngsten Besuch der lutherischen Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt im Vatikan zeigt, die offiziellen Positionen der römisch-katholischen Kirche nicht zu beeinflussen.
Selbst auf terminologischer Ebene unterscheidet das Bewusstsein für die Nützlichkeit der Frauen auf der Ebene des „Dienstes“, der als operativer, praktischer Arm der Kirche verstanden wird, immer noch zwischen verschiedenen Wichtigkeitsebenen und betont, dass die Rolle der Frauen zwar wichtig, aber dennoch untergeordnet ist.
Und um ehrlich zu sein, waren prominente Persönlichkeiten aus der römisch-katholischen Frauenwelt bei dieser Unterordnung nicht gerade hilfreich. Zum Beispiel mit der Würdigung von Frauen, die nicht nur hierarchisch gehorsam und der männlichen Vorherrschaft unterworfen sind, sondern auch symbolisch mit der Pflege von Kranken verbunden sind. Oder mit der Unterstützung der Armen in Regionen der Welt, in denen die Figur der Frau als Dienerin nach Möglichkeit noch stärker betont wird.
Ein Thema für heute
Heute betrifft das Thema sicherlich die römisch-katholischen Frauen. Aber es kann nicht umhin, auch ein Thema für die Männer zu sein, und es kann im ökumenischen Bereich nicht mehr aus Gründen der Diplomatie und des friedlichen Zusammenlebens verdrängt werden.
Der ökumenische Dialog ist gerade wegen der beachtlichen Fortschritte der letzten Jahre an einem Wendepunkt angelangt, denn er hat sich zwar mit dem „Trennenden“ weder auseinandergesetzt noch es gelöst, aber viel von dem „Verbindenden“ entwickelt.
Und dieses Verbindende ist ein Testgelände, auf dem die sichtbare Einheit trotz der Verschiedenheit mit jenem Pluralismus von Stimmen, Berufungen und Ämtern sprechen kann, von dem Frauen nicht länger ausgeschlossen werden können.
Angefangen beim ökumenischen Bereich. In dem es oft gerade die Frauen sind, die einen Dialog angestoßen, aufrechterhalten und weiterentwickelt haben, der sonst schon längst erloschen wäre.