Es gibt zwei Dinge, die Christen tun. Es gibt zwei Dinge – das wissen auch die Atheisten von uns – , die zum Leben der Christen gehören:
Gutes Tun und Beten.
Und es gibt viele Stellen in der Bibel, die uns dazu auffordern:
Tut Gutes! Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!
Wachet und betet!
Und das hört sich ja so einfach an: Du musst einfach nur Gutes tun. Du musst einfach nur beten.
Aber ist das denn so einfach?
Der zentrale Vers der vergangenen Gebetswoche für die Einheit der Christen lässt uns schon erkennen, dass es nicht so einfach ist, Gutes zu tun. Er sagt: Lernt, Gutes zu tun! Wir müssen das immer wieder lernen.
Und auch das Beten ist nicht einfach. Gebete sind keine leichten Texte, die wir einfach nur lesen oder auswendig lernen.
Gebete sind, wenn sie ehrlich sind, tiefe Bewegungen in uns selbst.
Wenn wir uns Psalm 42 anschauen, können wir das deutlich sehen.
Da sprechen verschiedene Stimmen. Da kommen verschiedene Stimmungen hoch.
Da ist die Verzweiflung, die Depression. Und da ist die Stärkung, die Hoffnung.
Ich habe als Kind in der Katechese gelernt, dass ein Gebet ein Reden mit Gott ist:
Da bin ich; und ich rede mit Gott.
Deshalb hat mir Psalm 42 immer Schwierigkeiten gemacht.
Denn da sprechen so viele verschiedene Stimmen in ganz verschiedene Richtungen: Da ist die Bitte an Gott: Meine Seele dürstet nach dir, nach dem lebendigen Gott.
Da sind aber auch die Worte der Feinde: Wo ist nun dein Gott?
Da sind die Fragen an die eigene Seele: Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir?
Und da ist diese sonderbare Stimme, die sagt: Hoffe auf Gott, denn ich werde ihm noch danken.
Wer spricht denn hier zu wem?!
Hier erscheinen verschiedene Stimmen und Fragen und Sorgen. Negative und positive Gendanken wechseln sich ab.
In Psalm 42 erscheint unser ganzes inneres psychologisches Spiel.
Und ich habe inzwischen eines verstanden: Solange dieses wirre Gedankenspiel vor Gott stattfindet, ihm unsere verschiedenen Fragen und Antworten präsentiert werden, ja mit ihm ein innerer Dialog entsteht: Dann ist das ein echtes Gebet.
Wenn es vor ihm stattfindet, wird es offen, heilsam, stärkend.
Gutes Tun ist nicht immer leicht, Beten ist nicht immer leicht.
Aber wenn beides vor Gott und mit Gott geschieht, dann wird es gut.
Pfarrer Michael Jonas, Rom