Die Fastenaktion „Sieben Wochen ohne“ in der Passionszeit ist mittlerweile gut etabliert in der evangelischen Kirche. Fasten, auf etwas verzichten, sich vielleicht auch zeitweise von etwas befreien – ja, aber nicht nach einem starren Schema, sondern nach dem Zuschnitt des eigenen Lebens. Alljährlich werden dazu Vorschläge gemacht. Der zeitweise Verzicht auf übermäßigen Medienkonsum könnte beispielsweise wichtiger und zugleich schwieriger sein als der zeitweilige Verzicht auf Süßigkeiten oder auf Fleisch.
Der diesjährige Vorschlag ist ein ganz besonderer: „Sieben Wochen ohne Alleingänge“. Ich könnte jetzt, wo der erste Monat des neuen Jahres schon vorbei ist, fragen: „Was ist denn aus den guten Vorsätzen für das neue Jahr 2024 geworden?“ Vermutlich bei vielen ziemlich wenig. Das liegt nicht zuletzt daran, dass uns oft schnell die Zeit und die Kraft fehlt, das umzusetzen, was wir eigentlich machen wollten. Wir reden darüber, dass man wollte und müsste, aber dann passiert wenig.
Das Motto „Sieben Wochen ohne Alleingänge“ bietet eine Abhilfe: Wenn es allein zu schwierig ist, dann sucht euch Gleichgesinnte. So kann man sich gegenseitig unterstützen, und wenn es nur durch die Frage ist: „Wie läuft es denn bei dir?“ Das macht einen großen Unterschied. Übrigens ist auch die Bibel gegen unnötige Alleingänge. Jesus hat seine Jünger immer zu zweit losgeschickt.
Und vielleicht ist es sogar so, dass wir nach den Zeiten der Pandemie wieder lernen müssen, mit einem Mehr an Gemeinschaft umzugehen, die Gemeinschaft gerade auch in der Kirche wieder zu suchen. Es gab vor 2.000 Jahren noch kein Internet, keine Mobiltelefone, keine Mails und keine Zoomkonferenzen. Aber es gab Briefe, die wir teilweise noch heute haben. Und es gab damals die Sehnsucht, sich real zu treffen, obwohl das schwieriger und aufwändiger war als heute.
Unser Problem ist heute oft der Zeitmangel, aber ein reales Gegenüber, eine reale Begegnung ist dennoch durch nichts zu ersetzen. In den letzten Monaten ging es mir zweimal so, dass ich aus dem naheliegenden Grund „Bin sowieso in der Nähe“ wieder einmal alte Freundinnen besuchte. Das Gespräch am Kaffee- beziehungsweise Abendbrottisch wollte schier kein Ende nehmen und am Ende sagten wir beide Male: „Wir dürfen nicht mehr soviel Zeit bis zum nächsten Treffen verstreichen lassen.“
Von daher: „Komm rüber! Sieben Wochen ohne Alleingänge“
Pfarrerin Jutta Sperber, Genua und Sanremo
Foto: „7 Wochen Ohne/Getty Images“