Rom, 30. November 2022 – Am 29. November wurde in der Brüsseler Dienststelle der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) das „Gemeinsame Migrationswort“ der Kirchen vorgestellt. Als Ergebnis einer intensiven gemeinsamen Arbeit, die im Sommer 2018 begann, haben die Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz und die Kammer für Migration und Integration der EKD in Absprache mit der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) eine ökumenische Arbeitsgruppe gebildet, um ein neues Wort der Kirchen zur Migration zu erarbeiten.
„Migration menschenwürdig gestalten“ lautet der Titel des gemeinsamen Dokuments, das die EKD, die Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz und die Kommission der Kirchen für Migranten in Europa (CCME) vorgelegt haben.
Das Dokument wurde im Lichte der aktuellen politischen Debatte über den „Pakt zu Migration und Asyl“ der EU mit Vertreterinnen und Vertretern aus dem Europäischen Parlament, der Europäischen Kommission sowie aus Kirche und Zivilgesellschaft diskutiert.
So nahmen an den Gesprächen auch die Europaabgeordneten Tineke Strik (Die Grünen/Europäische Freie Allianz) und Lena Düpont (Europäische Volkspartei), der Vertreter der Europäischen Kommission Franz Lamplmaier (Generaldirektion Migration und Inneres), Pfr. Dr. Jack McDonald (Anglikanische Diözese in Europa) und Abriel Schieffelers (Eurodiaconia), sowie Dr. Alexander Kalbarczyk (Geschäftsführer der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz) und Dr. Torsten Moritz (Generalsekretär von CCME) teil.
„Migration sollte nicht als Bedrohung, sondern als gemeinsame Gestaltungsaufgabe wahrgenommen werden“, heißt es in der kürzlich veröffentlichten Pressemitteilung.
Stefan Heße, Erzbischof von Hamburg, Vorsitzender der Migrationskommission und Sonderbeauftragter für Flüchtlingsfragen der Deutschen Bischofskonferenz
Der Vorsitzende der Migrationskommission und Sonderbeauftragte für Flüchtlingsfragen der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Stefan Heße (Hamburg), hob insbesondere einige sozialethische Leitprinzipien hervor: „Wichtige Ausgangspunkte … stellen zwei biblische Einsichten dar: die Überzeugung, dass Gott alle Menschen mit gleicher Würde geschaffen hat, und das Gebot, nicht nur den Nächsten, sondern auch den Fremden zu lieben. Die Missachtung der Menschenwürde und die Verweigerung von Schutz im Angesicht ernster Gefahren lassen sich durch keine Grenze rechtfertigen. Wenn wir uns die verzweifelte Lage der Flüchtlinge auf dem Mittelmeer, an der Grenze zu Belarus oder auf dem Balkan ansehen, hat dieser Grundsatz eine klare politische Bedeutung.“
Für den katholischen Bischof muss „gleiche Würde auf Dauer eine realistische Option auf gleichberechtigte Teilhabe am politischen Gemeinwesen beinhalten.“
Moderne Einwanderungsländer sollten sich „aktiv um eine Kultur der Einbürgerung bemühen und verhindern, die aktuellen Krisen und Konflikte sowie die ungelösten globalen Probleme auf den Schultern von Flüchtlingen und Migranten auszutragen.“
Zwei Podiumsgespräche gingen der Frage nach dem Europäischen System angesichts mangelnder Solidarität zwischen den EU-Mitgliedstaaten sowie dem Beitrag, den Kirchen und NGOs bei der Verwirklichung einer menschenwürdigen Migrationspolitik leisten, nach.
Die Leiterin des Brüsseler EKD-Büros, Oberkirchenrätin Katrin Hatzinger, erinnerte an die anhaltenden Schwierigkeiten, auf europäischer Ebene zu einer einheitlichen Haltung in der Flüchtlingsfrage zu gelangen. Gleichzeitig habe die großzügige und unbürokratische Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge gezeigt, dass tragfähige Lösungen möglich seien, wenn der politische Wille bestehe.
Katrin Hatzinger, Oberkirchenrätin, Leiterin des Brüsseler Büros © EKD
Nun sei es politisch an der Zeit, betonte Hatzinger, „vom Handeln im Notfallmodus zu einem ausgewogenen und nachhaltigen Solidaritätsmechanismus und einer fairen Verantwortungsteilung“ überzugehen.
Ein offener Hinweis auf den aktuellen Streit zwischen Italien und Frankreich über die Ausschiffung von aus Seenot geretteten Menschen.
Die EU-Mitgliedstaaten müssten endlich erkennen, „dass nur durch Geschlossenheit, Solidarität, die Einhaltung internationaler Regeln und der Menschenrechte die Herausforderungen durch die Migration dauerhaft bewältigt werden könnten.“
Dabei kritisierte sie die erneuten Versuche einiger Mitgliedstaaten, die private Seenotrettung zu regulieren, und äußerte die Befürchtung, dass solche Vorschriften dazu beitragen, dieses wichtige Engagement zu behindern.
Hatzinger begrüßte die angekündigte finanzielle Unterstützung der deutschen Bundesregierung für das kirchliche Seenotrettungsbündnis United4Rescue: „Dies ist eine großartige Anerkennung für den Einsatz der Seenotretter, aber auch ein Appell, die staatliche Seenotrettung wieder aufzunehmen.“
Quellen:
- Pressemitteilung vom 30. November 2022, https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/221130_pm_Vorstellung_des_oekumenischen_Migrationsworts_der_Kirchen_in_Bruessel.pdf
- Englischsprachiges Statement von Erzbischof Stefan Heße, https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/in%20Englisch_Vorstellung-des-oekumenischen-Migrationsworts-der-Kirchen-in-Bruessel-Vortrag-EB-Hesse.pdf
- Dossier, https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/migration_ekd_dbk_2021.pdf