Rom, 1. März 2023 – Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Italien spricht den Betroffenen des Schiffsunglücks vor der Küste Kalabriens ihr Beileid und ihre Anteilnahme aus.
Die mehr als achtzig bisher geborgenen Opfer, unter denen sich zahlreiche Kinder befinden, kommen hinzu zu den vielen anderen, die sich in den letzten Jahren auf den Weg nach Europa gemacht haben.
Angesichts der Grausamkeit, mit der diese Suche nach Begegnung, dieses Ersuchen um Hilfe oft unbeantwortet bleibt oder gar abgebrochen wird, fehlen uns als Christen die Worte.
Wir betrachten diese Todesfälle und diejenigen, die ihnen vorausgingen, als ein Zeichen der Sünde, die uns betrifft. Und zwar nicht abstrakt, sondern konkret.
Können wir, wie die Gerechten im Matthäusevangelium, sagen: Herr, wann haben wir dich als Fremden gesehen und haben dich aufgenommen?
Können wir diese Frage mit Blick auf diese unsere Brüder und Schwestern bejahen?
Als Kirche sind wir uns bewusst, wie komplex der Umgang mit dem Thema Migration ist. Dennoch darf diese Komplexität nicht in Schweigen oder, schlimmer noch, in Verleugnung umgewandelt werden.
Die Reisen der Migranten sind ein Zeichen für die Schwäche unserer Gesellschaft. Und die Schwäche einer Politik, die allzu oft daran interessiert ist, die Verantwortung für diese Toten den Verstorbenen selbst zu geben.
Es ist nicht hinnehmbar, dass die Forderung nach Menschenwürde, nach einer Begegnung auf dem Weg der Solidarität, auf Zahlen, Quoten und Einreisen vereinfacht wird.
Komplexität ist keine Gleichung, die es zu minimieren gilt, und Menschen sind keine austauschbaren Variablen.
An unseren Stränden, denselben Stränden, zu denen wir in ein paar Monaten in die Sommerfrische aufbrechen werden, entzündet sich unsere Qual.
Neben ihrem tiefen Beileid möchte die ELKI auch die Ermutigung zum Ausdruck bringen, dass sich unser Land nicht entmenschlichen lässt, sich nicht an diese wie an all die anderen Todesfälle, die diesen vorausgegangen sind, gewöhnt.
Als Christ:innen haben wir die Pflicht, an dieser Komplexität teilzuhaben. Und uns ihr gemeinsam, ökumenisch, zu stellen.
Wir sind der Meinung, dass eine Steuerung der Migrationsströme notwendig ist und dass auch hier die Komplexität nicht im Rahmen typischer politischer Polarisierungen und Instrumentalisierungen reduziert oder bagatellisiert werden kann und darf.
Was vor Cutro geschehen ist, ist ein lauter Schrei: zum Himmel, vor allem aber zur Erde. Und ein Aufruf an uns Christen, Arme zu sein, die willkommen heißen, aber auch Stimmen, die sich einmischen, die sich mit aller Deutlichkeit an die Gesellschaft und an die Politik wenden.
Die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens gilt für alle Menschen, überall. An der kalabrischen Küste genauso wie in den Flüchtlingslagern. Lager, die auch aufgrund der widersprüchlichen Politik der vergangenen Jahre weiterhin Opfer fordern und tiefe Verzweiflung hervorrufen.
Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Italien hofft nachdrücklich, dass zumindest die Christen, die Menschen des Glaubens, in der Lage sein werden, gemeinsam mit einer Stimme zu sprechen, die eine Vielzahl von Tönen enthält. Harmonische Töne. Denn der Gott des Friedens und des Lebens hat uns die Stimme gegeben, um zu reden, wenn es notwendig ist.