Liebe Leserinnen und Leser,
auch dieses Jahr nimmt das Umwelt-Netzwerk der ELKI mit verschiedenen Beiträgen an der Schöpfungszeit teil. Wir haben uns dafür mit dem Thema Wasser auseinander gesetzt. Wasser ist unsere wichtigste Ressource, sie nimmt eine Schlüsselposition für die Gesundheit und das allgemeine Wohlbefinden des Menschen auf der Erde ein.
Mein Dank geht an die Referentinnen und Referenten des Umwelt-Netzwerks Andrea Massias (Sanremo), Franz Mitterer (Meran), Christiane Lamberts (Mailand) und Selina Heinz-Smillovich (Triest), deren Beiträge sie am Ende dieser Seite herunterladen können.
Ich habe mich zu diesem Thema folgendes gefragt: Wie weit ist aktuell die Umsetzung der 17 Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung vorangeschritten und vor allem wie steht es um das Ziel 6, bei dem es um Wasser geht und in dem steht, dass der Zugang zu Trinkwasser und sanitären Einrichtungen ein Menschenrecht ist, und dass Wasser ein entscheidender Faktor für alle Aspekte der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Entwicklung darstellt.
Im Detail handelt es sich um die Erfüllung folgender Teilziele:
6.1: Bis 2030 den allgemeinen und gerechten Zugang zu einwandfreiem und bezahlbarem Trinkwasser für alle erreichen
6.2: Bis 2030 den Zugang zu einer angemessenen und gerechten Sanitärversorgung und Hygiene für alle erreichen und der Notdurftverrichtung im Freien ein Ende setzen, unter besonderer Beachtung der Bedürfnisse von Frauen und Mädchen und von Menschen in prekären Situationen
6.3: Bis 2030 die Wasserqualität durch Verringerung der Verschmutzung, Beendigung des Einbringens und Minimierung der Freisetzung gefährlicher Chemikalien und Stoffe, Halbierung des Anteils unbehandelten Abwassers und eine beträchtliche Steigerung der Wiederaufbereitung und gefahrlosen Wiederverwendung weltweit verbessern
6.4: Bis 2030 die Effizienz der Wassernutzung in allen Sektoren wesentlich steigern und eine nachhaltige Entnahme und Bereitstellung von Süßwasser gewährleisten, um der Wasserknappheit zu begegnen und die Zahl der unter Wasserknappheit leidenden Menschen erheblich zu verringern
6.5: Bis 2030 auf allen Ebenen eine integrierte Bewirtschaftung der Wasserressourcen umsetzen, gegebenenfalls auch mittels grenzüberschreitender Zusammenarbeit
6.6: Bis 2020 wasserverbundene Ökosysteme schützen und wiederherstellen, darunter Berge, Wälder, Feuchtgebiete, Flüsse, Grundwasserleiter und Seen
6.a: Bis 2030 die internationale Zusammenarbeit und die Unterstützung der Entwicklungsländer beim Kapazitätsaufbau für Aktivitäten und Programme im Bereich der Wasser- und Sanitärversorgung ausbauen, einschließlich der Wassersammlung und -speicherung, Entsalzung, effizienten Wassernutzung, Abwasserbehandlung, Wiederaufbereitungs- und Wiederverwendungstechnologien
6.b: Die Mitwirkung lokaler Gemeinwesen an der Verbesserung der Wasserbewirtschaftung und der Sanitärversorgung unterstützen und verstärken
Das Recht auf Zugang zu sauberem Wasser ist im Jahr 2010 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen als allgemeines und grundlegendes Menschenrecht anerkannt worden. In der Agenda 2030 wird das noch einmal wiederholt. Trinkwasser und Wasser für hygienische Zwecke ist eine Grundvoraussetzung für die Menschenwürde, ist wesentlich für ein lebenswertes Dasein und eine Voraussetzung für alle anderen Menschenrechte. Es ist allerdings rechtlich nicht bindend und auch nicht einklagbar. Deshalb kann man Staaten nicht dazu zwingen ihren Bürgern sauberes und bezahlbares Wasser zur Verfügung zu stellen.
Daran soll jedes Jahr am 22. März der internationale Wassertag erinnern.
Im März 2023 wurde der Wasserbericht der Vereinigten Nationen veröffentlicht. Immer noch müssen zwei bis drei Milliarden Menschen mindestens einen Monat im Jahr ohne Trinkwasser auskommen (s. Ziel 6.1) und 3,6 Millionen Menschen ohne angemessene Sanitäreinrichtungen (s. Ziel 6.2) leben. In dieser verkürzten Version kann man Details nachlesen: https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf0000384657_ger. Der Schwerpunkt liegt auf „Partnerschaft und Zusammenarbeit“ – unverzichtbar um länderübergreifende Probleme zu lösen.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass wenn bis 2050 nichts unternommen wird, dann riskiert 40% der Weltbevölkerung nicht genug Trinkwasser zu kommen. Davon werden auch Gebiete der Erde betroffen sein, die heute noch nicht an Wassermangel leiden.
Nach fast 50 Jahren fand im März 2023 auch wieder ein Wassergipfel der Vereinigten Nationen statt. Der Anlass um eine Zwischenbilanz der UN-Wasserdekade 2018 bis 2028 zu ziehen(https://www.un.org/en/events/waterdecade) und um die Umsetzung des Menschenrechts auf sauberes Wasser weiter durchzusetzen. Dabei ist man einen guten Schritt vorangekommen. Der Aktionsplan auf der Basis von „Partnerschaften und Zusammenarbeit“ besteht aus 689 freiwilligen Verpflichtungen aller Länder der Welt, von regionalen Maßnahmen zur Renaturierung bis hin zu grenzübergreifenden Großprojekten. Es geht um einen Wert von 750 Milliarden Dollar.
Zur Zeit findet in New York die Generalversammlung der Vereinigten Nationen (UNGA78) statt. Dort geht es u.a. um die Zwischenbilanz der Agenda 2030, dem aktuellen Stand der Umsetzung der 17 Nachhaltigkeitsziele.
Letzten Juli wurde der SDG Progress Report Special Edition (https://hlpf.un.org/sites/default/files/2023-04/SDG%20Progress%20Report%20Special%20Edition.pdf/) veröffentlicht. Dort liest man zwar, dass circa 12% der 17 Nachhaltigkeitsziele auf dem „richtigen Weg“ sind, aber mehr als 50% der Ziele werden nicht schnell genug erreicht werden und über 30% der Ziele zeigen noch keine Verbesserung oder haben sich sogar seit 2015 verschlechtert. Dabei muss man auch berücksichtigen, dass es sehr schwierig ist überhaupt verlässliche und vergleichbare Daten zur Bewertung der Lage in allen 193 Mitgliederstaaten zur Auswertung zu bekommen. Wenn man sich die Situation des Wasser-Ziels 6 anschaut, bemerkt man, dass bisher keines der Teilziele vollständig erreicht wurde – ein großes Problem auch für die Erfüllung der davon abhängigen anderen Ziele der Agenda. Um Ziel 6 zu erreichen müsste man anscheinend vier Mal so schnell sein.
Die beachtlichen Anstrengungen der Vereinigten Nationen können einen nur hoffen lassen, dass das Jahr 2023 als das Jahr der „Wasserwende“ in Erinnerung bleibt. Hier geht es um nichts Geringeres als unser Leben auf der Erde, und das unserer Kinder und Enkel… Die Teilziele zur Verbesserung der Wasserversorgung sind sicher ein guter Wegweiser, aber wir müssen uns auch dessen bewusst sein, dass bei der Beschaffung und Verteilung von Wasser oft auch gnadenlose politische und wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen, die einen hemmenden Einfluss haben können.
Die Erfüllung der Ziele der Agenda 2030 für eine Entwicklung in Richtung Frieden, Wohlstand, Fortschritt und Nachhaltigkeit für alle wird wahrscheinlich in den kommenden sieben Jahren nicht zu schaffen sein, aber die Weltgemeinschaft muss weiter hart daran arbeiten.
Annette Brünger (Umweltbeauftragte der ELKI)