Rom, 17. September 2024 (Andrea Massias) – Heizen mit Flusswasser? In Mannheim Realität für 3500 Haushalte Mannheim liegt bekanntlich am Rhein, und dessen Wassertemperatur schwankt im Jahresverlauf zwischen circa 5 und 25 Grad Celsius….
Wie soll man damit heizen? Doch was beinah unglaublich klingt, ist durchaus möglich, denn die im Flusswasser gebundene Wärmeenergie reicht selbst im tiefsten Winter aus, um eine große Wärmepumpe zu betreiben, die schließlich 99 Grad heißes Wasser ins Fernwärmenetz der Stadt Mannheim einspeist und bislang 3500 Haushalte versorgt.
Und das funktioniert so: Dem Rhein wird Wasser entnommen, das seine Wärme an ein flüssiges Kältemittel mit extrem niedrigem Siedepunkt abgibt. Dabei verwandelt sich diese Flüssigkeit in Gas. Wird das Gas anschließend unter hohem Druck komprimiert, so erhitzt es sich stark und heizt in einem weiteren
Wärmeaustauscher Wasser auf 83 bis 99 Grad auf. Das Kältemittel selbst kondensiert dabei, verflüssigt sich also wieder und steht dem Kreislauf dann erneut zur Verfügung.
Das erhitzte Wasser wird hingegen in die Rohre des Fernwärmenetzes der Stadt Mannheim eingespeist. Insgesamt sind hier also drei Kreisläufe miteinander verzahnt: der des Rheinwassers, der des Kältemittels und der des Fernwärmenetzes.
700 bis 1000 Liter Wasser werden dem Rhein pro Sekunde entnommen und in die Pumpe befördert. Nach dem Entzug der Wärme gibt die Pumpe das zwei bis fünf Grad kühlere Wasser wieder in den Fluss ab.
Welche Folgen hat das? Da bisher nur geringe Wassermengen zur Wärmegewinnung genutzt werden, ändert sich die Temperatur im Rhein nur minimal. Doch wenn alle Städte und Industriebetriebe entlang des Rheins die Flusswärme nutzen wollten, könnte es schwierig werden. Forscher weisen jedoch auch darauf hin, dass viele Gewässer aufgrund des Klimawandels oft überhitzt sind, die Rückleitung kühleren Wassers also auch einen gewissen Vorteil darstellen könnte.
Die in Mannheim im Oktober 2023 in Betrieb genommene Flusswärmepumpe, obwohl aktuell eine der größten ihrer Art in Europa, trägt erst 3% zur Fernwärme der Stadt bei. Zwei weitere sind jedoch bereits in Planung. Damit sollen dann 50.000 Haushalte versorgt werden.
Bis 2033 will Mannheim bei der Fernwärmeerzeugung vollständig auf die besonders klimaschädliche Steinkohle verzichten und das bisher damit betriebene Großkraftwerk Mannheim abschalten: Die Kohle soll durch einen Mix aus Flusswärme, Erdwärme und Abwärme, die bei der Abfallverbrennung entsteht, ersetzt werden und die Fernwärmeversorgung durch diese Dekarbonisierung deutlich emissionsärmer werden.
In Deutschland sind neben Mannheim auch in Berlin, Hamburg, Stuttgart und Rosenheim bei München Wasserwärmepumpen geplant oder schon in Betrieb (Stand Januar 2024). Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland bei m Einsatz großer Wärmepumpen aufgrund (zu) günstiger Preise für fossile Brennstoffe und CO₂ deutlich hinterher.
In Skandinavien setzt man hingegen schon länger auf diese Technologie. In der schwedischen Hauptstadt Stockholm werden seit Jahren über 90.000 Wohnungen mit Wärme aus industriellem Abwasser beheizt. In der norwegischen Stadt Drammen heizen mehr als die Hälfte der über 100.000 Einwohner mit der Wärmeenergie aus dem Fjord. Und im dänischen Esbjerg versorgt die weltgrößte Meerwasser-Wärmepumpe die ca. 100.000 Einwohner der Stadt mit Fernwärme, das allerdings auch erst seit dem vergangenen Jahr. Sie ersetzt ein Kohlekraftwerk, das im Juni 2024 stillgelegt wurde.