Basta! Es reicht! Schluss, Ende. Genug geschlemmt, genug Geschenke, genug Rumgesessen. Mit dem Beginn des neuen Jahres muss alles anders werden! Die guten alten Vorsätze müssen wieder mal herhalten: mehr Sport (Die Fitnessstudios erleben einen beispiellosen Anmeldeboom), mehr Bücher (der Fernseher soll öfters mal ausbleiben), mehr Ordnung (der Besen soll häufiger geschwungen werden).
„Ich will im neuen Jahr mehr Torte essen!“ Die alte Dame lächelt mich an. Wir sitzen bei ihr zu Hause. Es ist kurz vorm Jahreswechsel. Vor uns stehen zwei Gläser Prosecco. Die Frau beginnt zu erzählen: „Ich habe mein halbes Leben damit verbracht, mir zu überlegen, was ich nicht alles tun müsste, was von mir erwartet wird, vor allem aber, was ich von mir selber erwarte. Und ich kann ihnen sagen: Das ist ganz schön viel! Irgendwann habe ich gemerkt: Das ist gar nicht alles zu schaffen! Jeden Tag neue Listen zu schreiben mit Dingen, die man dann am Ende des Tages nicht erledigt hat, weil es einfach zu viel war. Das hat mich frustriert. Aber jetzt ist Schluss damit! Jetzt höre ich auf Gott und lasse es mir gut gehen!“
Überrascht schaue ich die Dame an: „Auf Gott? Oder meinen sie: ‚Jetzt höre ich auf mich?‘“ Die Dame schmunzelt leise. „Bin ich nicht ein Ebenbild Gottes? Wenn er es sich schon nicht gut gehen lässt und sich mit den Menschen abrackert, dann muss ich es mir doch an seiner Stelle gut gehen lassen!“ Wir reden noch lange weiter. Über Anforderungen, die wir und andere an uns stellen. Und darüber, was eigentlich „gut“ bedeutet. Natürlich kommen wir zu keinem Ende. Denn was ‚das Gute‘ ist, darüber haben sich Theologen und Philosophen schon seit Jahrhunderten Gedanken gemacht, und sind selten zu eindeutigen Ergebnissen gekommen.
„Prüft alles und behaltet das Gute!“, fordert uns die Losung für das Jahr 2025 auf. Eine gute Idee! Wenn auch nicht ganz neu, denn der 1. Thessalonicherbrief des Paulus ist der älteste Brief des Neuen Testaments, er stammt wahrscheinlich aus dem Jahr 50. Paulus schreibt an eine Gemeinde, die er kurz zuvor gegründet hat. Weil Gott die Thessalonicher zum Glauben geführt hat, sollen sie nun auch ihren Alltag heiligen. Das konkretisiert Paulus mit den Worten: „Weist die zurecht, die sich an keine Ordnung halten. Ermutigt die Verzagten. Steht den Schwachen bei. Habt Geduld mit allen! Seht zu, dass keiner dem anderen Böses mit Bösem vergelte. Jagt vielmehr allezeit dem Guten nach, füreinander und für alle. Freut euch allezeit. Betet ohne Unterlass. In allem sagt Dank; das ist der Wille Gottes … Prüft alles und behaltet das Gute!“
Eine Ethik der Nächstenliebe. Sie besteht aus hohen Ansprüchen, die ein Mensch allein kaum erfüllen kann. In Gemeinschaft jedoch kann sie gelingen. Alles prüfen und das Gute behalten – das ist eine Aufgabe für eine Gruppe, für eine Gemeinschaft, für eine Gemeinde. Wir sind eingeladen, im Jahr 2025 gemeinsam zu überlegen: Wo wollen wir ‚Basta!‘ sagen zu Dingen, die im Widerspruch zur Nächstenliebe und Selbstliebe stehen? Und was ist das Gute, das wir behalten wollen, weil es unser Leben zum Positiven verändert, weil es uns einem Leben mit Gott näher bringt? Dieses Prüfen und Behalten ist ein guter Vorsatz fürs neue Jahr!
Am 17. Januar wird in Amerika der „Wirf-deine-Jahresvorsätze-über-Bord-Tag“ gefeiert. Vielleicht kann das ein guter Tag sein, unsere guten Vorsätze zu überprüfen. Ich glaube, dass Gott schon geprüft hat. Das Böse, der Krieg, das Leid, die Zerstörung: All das muss weg. Wir Menschen sind in seinen Augen das Gute. Also lasst uns danach handeln: Lasst uns zurechtweisen, ermutigen, beistehen, Geduld haben, für den Frieden einsetzen, beten und danken. Und uns freuen. Denn Gott geht mit uns in diesem Jahr.
Ich wünsche Ihnen ein gutes, freudiges und süßes neues Jahr!
Pastor Dr. Johannes M. Ruschke (Venedig)
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