Samuel blieb am Feuer sitzen. Seine Hirtenkollegen waren den Lichtern nach zum Stall geeilt. Sie hatten alle den Gesang, das Strahlen und die Botschaft der Engel gehört: „Fürchtet euch nicht! Denn siehe, ich verkündige euch eine große Freude! Denn euch ist heute der Retter geboren, Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“
Samuel stocherte weiter im Feuer herum, damit es nicht ausging. Die soeben gehörten Worte hallten noch in ihm nach: „Nicht fürchten? Große Freude?“ Er grinste böse. Sein Knie tat in den letzten Tagen so weh, wie lange nicht mehr; von den Römern waren auch wieder neue Vorschriften für den Marktverkauf gekommen und die Steuer hatten sie auch gleich mit erhöht. Sein Herz war und blieb finster. Mochten die anderen dort hinrennen, er nicht.
Er saß am Feuer, blickte in das kleine Licht und kämpfte mit seinen Gedanken. Und wenn an der Botschaft doch etwas dran war? Immerhin hatten seit Generationen die Propheten schon das Kommen eines Retters, eines Messias, angekündigt. Seine Zweifel waren dicht und fest – die Welt um ihn herum zu schlecht. Da konnte es keine Veränderung mehr geben, auch nicht von Gott.
Und wenn doch…? Immerhin hatte er die Engel ja auch selbst gesehen. Er wurde unsicher. Seine Überzeugung über die Schlechtigkeit der Welt und neue Hoffnung kämpften in ihm.
Die Nacht war schon fast um, da machte er sich doch noch auf den Weg. Ihm war es, als wenn Gott ihn riefe, um ihm Mut zu machen, immer weiterzugehen. Der Weg war weit und er musste viele Pausen machen. Sein Knie schmerzte furchtbar. Er hatte keinen Lichterschein mehr vor sich, der ihm den Weg wies. Aber nach vielen Stunden kam er an einen Stall. Dort war alles dunkel. Seine Hoffnung auf einen Retter fiel in sich zusammen. Er konnte nicht mehr, er begann zu zittern und fror sehr. Er machte die kleine Tür auf und ging hinein. Da sah er alles: den zertrammpelten Boden, er roch den Tiergeruch, der noch in der Luft hing -und er berührte die kleine Kuhle im Heu. Doch es stimmte alles! Er musste sich setzen! Tränen kamen. Hier hatte er gelegen, der Messias, der Retter!
Liebe Leser und Leserinnen, vielleicht hat dieser Weg des Hirten Samuels Sie an sich selber erinnert. Auch unsere Welt kommt uns in diesen Tagen besonders dunkel vor, auch wir haben oft kein Zutrauen mehr, dass Gott etwas daran verändert.
Aber dennoch: er kommt zu uns und ruft uns. Er bietet sich im kleinen Kind selber an und will uns neues Vertrauen schenken. Machen wir uns innerlich auf den Weg zu ihm. Kommen wir im Stall an und sehen wir neues Licht. Für unser Leben. Für unsere Welt!
Ich wünsche Ihnen und Euch gesegnete Weihnachten!
Ihre Magdalena Tiebel-Gerdes, Pastorin
Ispra-Varese