Ein Rabbiner, ein Priester, ein Pastor und ein buddhistischer Mönch treffen sich im Kaffeehaus. Natürlich reden sie über Gott.
„Gott ist im Himmel“, versichert der Priester.
„Gott ist auf der Erde“, entgegnet der Pastor.
„Gott ist in uns“, hält der buddhistische Mönch dagegen.
„Gott ist überall dort, wo man ihn einlässt“, erwidert der Rabbiner.
An der Antwort des Rabbiners gefallen mir zwei Aspekte. Zum einen legt diese Antwort Gott nicht auf einen bestimmten Ort fest. Gott sei eben nur da oder dort zu finden. Zum Beispiel in der Kirche, in der Bibel oder sonstwo. Menschen, die meinen, ganz genau zu wissen, wo Gott ist und wie er ist oder die glauben, einwandfrei sagen zu können, was Gottes Wille und was ihm nicht recht ist, die betrachte ich skeptisch. Denn in meinen Augen stellen sie sich damit auf eine Stufe mit ihm, wenn nicht gar über ihn. Sie beanspruchen eine Deutungshoheit, die ihnen, die uns allen nicht zusteht. Ehrlich gefragt: Was brauche ich überhaupt noch einen Gott, wenn ich bestimme, wie und wo er ist?
Das Zweite, das mir an der Antwort des Rabbiners gefällt, ist, dass er Gott als im Geschehen, in Bewegung beschreibt: Gott ist, ereignet sich dort, wo ein Mensch mit ihm in Kontakt kommt, ihn erfährt und ihn in sein Leben hineinlässt. Also nicht, so und so ist Gott, sondern in der Begegnung mit mir erkenne ich ihn. Und erst, wenn ich Gott in mein Leben hineinlasse, dann erweist er sich auch mir als der, der er ist, als der, der er sein kann. Und dann beginnt etwas viel Größeres, viel Großartigeres als wir je beschreiben könnten.
Ein Versuch ist es wert.
Pastor Carsten Gerdes, Ispra-Varese